Dr. med. Hans Rebmann, Beirat der LAG AVMB BW, gibt Hilfestellung zu einer komplexen rechtlichen Fragestellung.
Eine Patientenverfügung ist juristisch eine höchstpersönliche Erklärung eines volljährigen Einwilligungsfähigen. Eltern und Vormunde dürfen deswegen für ein Kind unter 18 Jahren keine Patientenverfügung erstellen. Sie entscheiden aber im Krankheitsfall als Sorgeberechtigte in Beratung mit den Ärzten über das Vorgehen.
Rechtliche Betreuer dürfen für einen volljährigen Menschen mit geistiger Behinderung, der nicht einwilligungsfähig ist, ebenfalls keine Patientenverfügung ausstellen. Stattdessen können sie eine „Vorausverfügung“ des mutmaßlichen Willens des Betreuten abgeben (früher auch als „Patientenempfehlung“ bezeichnet).
Wenn die Eltern nicht selbst die Rechtlichen Betreuer sind, dann müssen sie sich mit dem Rechtlichen Betreuer zu dieser Frage ins Benehmen setzen und eine gemeinsame Lösung finden.
Bei einem nicht einwilligungsfähigen Patienten muss der Rechtliche Betreuer den mutmaßlichen Willen des Betreuten feststellen bzw. diesen nach bestem Wissen und Gewissen nach eigener Einschätzung unterstellen. Den kann er dann schriftlich niederlegen als Information für die behandelnden Ärzte, die diesen als Orientierung zur Verfügung steht, bis der Rechtliche Betreuer in der konkreten Situation von den Ärzten aufgeklärt und beraten werden kann, um dann zu entscheiden.
Vorausverfügung muss greifbar ist, wenn sie gebraucht wird!
Nach § 1829 BGB (=Betreuungsrecht) muss bei Eingriffen oder Maßnahmen, deren Durchführung oder Unterlassung für den Patienten die Gefahr des Todes oder eines bleibenden schweren Schadens bedeuten, die Genehmigung des Betreuungsgerichts eingeholt werden, wenn sich Ärzte und Rechtlicher Betreuer über den (mutmaßlichen) Willen des Patienten nicht einig sind.
Eine Vorausverfügung muss schriftlich erfolgen und handschriftlich unterschrieben werden. Sie muss sinnvollerweise an Orten deponiert werden, wo sie greifbar ist, wenn sie gebraucht wird, also z.B. bei der Wohngruppe bzw. dem tatsächlichen Aufenthaltsort des Menschen mit Behinderung. Sie muss die Erreichbarkeit des Rechtlichen Betreuers enthalten. Man sollte auch eine Kopie des Betreuerausweises beilegen.
Hier finden Sie einen Formulierungsvorschlag für eine Vorausverfügung, die natürlich jeweils dem Einzelfall anzupassen ist.
Für Patientinnen und Patienten mit geistiger oder mehrfacher Behinderung bringt der 1. November 2022 große Erleichterung: Bei einem Aufenthalt im Krankenhaus können sie sich von einer vertrauten Person begleiten lassen. Darauf haben sie dann einen Rechtsanspruch und die Kosten werden erstattet.
Mit den ab 1. November 2022 gültigen Regelungen werden neben den Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung der Vertrauensperson nun auch die Kosten der Begleitung selbst übernommen.
Leisten nahe Angehörige oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld die Unterstützung, ist die Krankenkasse zuständig und gewährt Krankengeld zum Ausgleich des Verdienstausfalls. Sind es vertraute Unterstützungspersonen eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe, wird die Begleitung vom Träger der Eingliederungshilfe finanziert.
Unter www.lebenshilfe.de informiert die Lebenshilfe ausführlich über die gesetzlichen Neuerungen zur Assistenz im Krankenhaus. Dort ist auch eine Checkliste zu finden und eine Handreichung der Fachverbände für Menschen mit Behinderung.
Wenn psychotherapeutische Hilfe gebraucht wird, stehen dafür bundesweite Rufnummern zur Verfügung: 08 00 1 11 01 11 (ev.) oder 08 00 1 11 02 22 (kath.), 08 00 1 11 03 33 (Kinder und Jugendliche) und 08 00 1 11 05 50 (Elterntelefon).
Das Ministerium für Soziales und Integration in Baden-Württemberg fördert ein deutschlandweit einmaliges Projekt zur Krebsfrüherkennung bei Menschen mit geistiger Behinderung. 67 500.- Euro werden zur Verfügung gestellt. Im Mittelpunkt des Projekts stehen Brustkrebs, Hodenkrebs und Hautkrebs.
Ziele des Projektes sind:
Das Projekt wird vom Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung in Baden-Württemberg und vom Krebsverband Baden-Württemberg durchgeführt. Quelle
Die LAG hat ihren 7-Punkte-Plan für eine bessere Gesundheitsversorgung von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung im Juni 2018 aktualisiert.
Einzelheiten zu jedem Punkt finden Sie in diesem Dokument.
Diese Patienteninformatuon des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) der Krankenkassen regelt die Versorgung von Patienten, die langfristig Heilmittel wie Krankengymnastik, Sprach- und Ergotherapie benötigen. Die Regelung hierzu fördert die Behandlungskontinuität der Versicherten und entlastet die verordnenden Ärztinnen und Ärzte. Unter welchen Voraussetzungen Heilmittel als Krankenkassenleistungen verordnet werden können, regelt die Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA).
In diesem Zusammenhang ist auch die 1. Änderungs- Vereinbarung zu den Rahmenvorgaben nach § 106b Abs. 2 SGB V für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen vom 30. November 2015 zu sehen.
Menschen mit einer Behinderung sind oft nicht in der Lage, die notwendige regelmäßige Pflege der Zähne selbstständig durchzuführen. Das neue Faltblatt „Vorsorge ist unser Anliegen – Zahnärztliche Betreuung zu Hause für Ältere, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung“ der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung informiert Betroffene, Angehörige und die Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste über die neuen zahnärztlichen Versorgungsangebote in den eigenen vier Wänden zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Leicht verständlich informiert der Flyer über die Möglichkeiten der sogenannten aufsuchenden zahnmedizinischen Betreuung zu Hause und die Leistungen der GKV, etwa bei einem Transport in eine Zahnarztpraxis im Falle aufwendigerer Behandlungen. Zudem werden Kontaktmöglichkeiten genannt, unter denen weitere Informationen zu dem Thema abgerufen werden können.
Speziell für den Raum Stuttgart bietet der Initiativkreis Netzwerk-Autismus-Region-Stuttgart über den Verein Autismus Stuttgart ev den Wegweiser Autismus Region Stuttgart an. Der Initiativkreis vereint Fachleute, die sich speziell mit autistischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen beschäftigen. Sie arbeiten in den Bereichen der Diagnose, Frühförderung, Therapie, Schule, beruflichen Rehabilitation, Wohnen und Arbeit und unterstützen die Chancen zur sozialen und beruflichen Teilhabe. Der Wegweiser enthält zahlreiche Adressen von Einrichtungen, Institutionen, Kliniken und Praxen, die Dienstleistungen oder Angebote für Menschen mit Autismus anbieten.
Demenzforscher haben berechnet, dass für rund 30 Prozent der aktuellen Fälle von Alzheimer-Demenz sieben Lebensstilfaktoren verantwortlich gemacht werden: Bluthochdruck und starkes Übergewicht im mittleren Lebensalter, Diabetes, Depression, mangelnde körperliche Aktivität, Rauchen und niedrige Bildung. Der höchste Einfluss werde darin mit 22 Prozent mangelnder körperlicher Aktivität und mit 15 Prozent dem Rauchen zugeschrieben. (Nervenarzt 18.1.2016).
Mit dem Bluttest auf Trisomie 21 ist es bereits in der frühen Schwangerschaft möglich, anhand einer Blutprobe der schwangeren Frau festzustellen, ob das ungeborene Kind das Down-Syndrom hat. Aktuell wird darüber diskutiert, ob die Krankenkassen das Untersuchungsverfahren bezahlen sollen. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe und das Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik machen deutlich, dass eine Reihenuntersuchung beispielsweise auf Trisomie 21 eine unzulässige Diskriminierung darstellt: „Menschen mit Down-Syndrom bereichern die Vielfalt in unserer Gesellschaft und gehören selbstverständlich dazu. Keinesfalls darf ein Screening eingeführt werden, um ihre Geburt zu verhindern“, erklärt Ulla Schmidt, MdB und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. „Vorgeburtliche Untersuchungen auf Behinderung können nur nach individueller Entscheidung und nach den Bedingungen des Einzelfalls durchgeführt werden. Dazu gehören auch eine umfassende Information und Beratung, unter anderem zum Leben mit Down-Syndrom. Wir als Lebenshilfe bieten das regelmäßig an.“
Soziotherapie ist eine Betreuungsleistung für schwer psychisch kranke Menschen, durch die Krankenhausaufenthalte vermieden werden sollen. Die Patienten sollen durch Soziotherapie in die Lage versetzt werden, ambulante ärztliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Soziotherapie beinhaltet strukturierte Trainings- und Motivationsmethoden und findet im sozialen Umfeld des Patienten statt. Der Patientenkreis ist eng gefasst und ergibt sich aus Diagnose, Schweregrad und krankheitsbedingten Fähigkeitsstörungen.
Die Verordnung von Soziotherapie für schwer psychisch kranke Menschen wird ab April 2016 extrabudgetär (nicht durch Budget des Arztes gedeckelt) und zu festen Preisen vergütet. Künftig kann Soziotherapie unter bestimmten Voraussetzungen bei einem breiteren Spektrum an Diagnosen und krankheitsbedingten Fähigkeitsstörungen verordnet werden. Auch der Kreis der Fachärzte, die diese Leistung verordnen können, wurde erweitert. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit der Änderung der Soziotherapie-Richtlinie kürzlich beschlossen.
Eine Anpassung der Richtlinie war notwendig geworden, da durch die Regelungen der alten Fassung die Soziotherapie für schwer psychisch kranke Menschen in manchen Regionen kaum Umsetzung fand.
Indikationen für die Verordnung erweitert
Neu aufgenommen in die Richtlinie wurde eine Öffnungsklausel, die in begründeten Einzelfällen unter bestimmten Bedingungen bei den Diagnosen mit den ICD-10-Kodes F00 – F99 (Psychische und Verhaltensstörungen) eine Verordnungsmöglichkeit von Soziotherapie vorsieht. Zu den Bedingungen zählen unter anderem psychiatrische und/oder somatische Co-Morbiditäten sowie Fähigkeitseinschränkungen im Alltag.
Patienten, bei denen durch schwere psychische Erkrankung hervorgerufene Beeinträchtigungen der Aktivitäten dazu führen, dass sie in ihren Fähigkeiten zur selbständigen Inanspruchnahme ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen erheblich beeinträchtigt sind, bedürfen der Soziotherapie. Die Schwere dieser Störungen wird im Rahmen der Soziotherapie anhand der GAF-Skala (Global Assessment of Functioning) gemessen.
Für Diagnosen, bei denen bisher schon die Verordnungsmöglichkeit von Soziotherapie gegeben war (Erkrankungen aus den Bereichen des schizophrenen Formenkreises und der affektiven Störungen) wurde der GAF-Wert angepasst: Bislang durfte für eine Verordnung von Soziotherapie der Wert von 40 nicht überschritten werden.
Zukünftig gilt der Wert 40 als Orientierungswert, darf jedoch höchstens kleiner/gleich 50 sein. Bei Diagnosen, für die die oben beschriebene Öffnungsklausel gilt, muss der GAF-Wert kleiner/gleich 40 sein.
Mehr Fachärzte können Soziotherapie verordnen
Bislang durften Fachärzte mit der Gebietsbezeichnung Psychiatrie oder Nervenheilkunde Soziotherapie verordnen. Zukünftig gilt dies auch für Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie für Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Andere Vertragsärzte überweisen Patienten, die für Soziotherapie in Frage kommen, an einen dieser Fachärzte. Ist der Patient nicht in der Lage, diese Überweisung selbstständig in Anspruch zu nehmen, kann der Arzt künftig bis zu fünf Therapieeinheiten verordnen, um den Patienten zu motivieren (Verordnung auf Muster 28). Bisher waren maximal drei Therapieeinheiten dafür vorgesehen. Darüber hinaus haben künftig auch Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) die Möglichkeit, Soziotherapie zu verordnen.
Aus aktuellem Anlass weisen wir darauf hin, dass sich die Chancen der Kostenerstattung der Mitunterbringung von Angehörigen im Krankenhaus durch die Krankenkasse deutlich erhöhen, wenn bereits der einweisende Arzt die medizinische Notwendigkeit der Begleitung bestätigt. Im Akutfall sollte man gleich bei der Aufnahme im Krankenhaus um dieses ärztliche Attest bitten.
„Menschen mit Behinderung im Krankenhaus“ heißt eine Broschüre der Bayerischen Staatsregierung mit „Hinweisen zum Krankenhausaufenthalt insbesondere von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung“.
Wir bitten Angehörige, uns ihre diesbezüglichen Erfahrungen mit ihrer Krankenkasse mitzuteilen.
(Ärzte Zeitung, 08.10.2015) Wissenschaftler der Universität Witten/Herdecke (UWH) wollen mittels einer epidemiologischen Studie herausfinden, wie sich durch strukturierte Gesundheitsuntersuchungen die medizinische Versorgung von Menschen mit einer geistigen Behinderung verbessern lässt. Sie wollen vergleichen, ob die Untersuchungen in das Regelsystem integriert werden sollten oder ob ein aufsuchendes System besser geeignet wäre.
Personen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung litten oft unter nicht erkannten und nicht behandelten chronischen Erkrankungen und nicht erkannten Einschränkungen, erläuterte Professor Max Geraedts, Leiter des Instituts für Gesundheitssystemforschung an der UWH, beim "Dialog Versorgungsforschung NRW" in Düsseldorf. Mehr …
Die Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen freuen sich in vielen Fällen, wenn ihr Nachwuchs “wenigstens Freude am Essen hat”. Aber man tut seinen Kindern absolut nichts Gutes, wenn man sie übergewichtig werden lässt. Wenn das Körpergewicht in kg höher als die Körpergröße in cm minus 100 ist (Faustformel für einen BMI von 25), sollten die Warnleuchten angehen. Haben die Jugendlichen dann auch noch zu wenig Bewegung, kommt es rasch fast unweigerlich zu Stoffwechselstörungen und hohem Blutdruck: Das metabolische Syndrom ist da. Je früher im Leben die medizinischen Grenzwerte überschritten werden, desto katastrophaler sind die Folgen für den gesamten Organismus.
Diese medizinischen Grenzwerte werden inzwischen immer strenger gefasst. Bereits LDL-Cholesterinwerte über 70 mg/dl und ein morgendlicher Nüchtern-Blutzucker über 100 mg/dl deuten auf einen sogen. Prädiabetes hin. Bereits in dieser Phase kommt es auch bei jungen Menschen zu irreparablen Schäden am Gefäßsystem und inneren Organen!
Ein voll ausgebildeter Typ 2 Diabetes, erkennbar an einem Nüchtern-Blutzucker über 126 mg/ml, ist lebensbedrohlich und verlangt den Betroffenen ein strenges Medikamenten- und Ernährungsregime ab: Viel zu komplex für Menschen mit geistiger Behinderung und eine zusätzliche Belastung für ihre Betreuer!
Für Menschen mit geistigen und komplexen Mehrfachbehinderungen ist es häufig eine große Herausforderung, Hilfe bei einem niedergelassenen Arzt oder im Krankenhaus zu suchen. Wenn nicht bereits Stufen und sonstige Barrieren den Zugang verhindern, sind es Artikulationsprobleme und emotionale Schwierigkeiten, die die Kommunikation mit dem Arzt erschweren oder gar unmöglich machen. Zudem eigen sich akute Probleme bei einer Behinderung anders, als bei nichtbehinderten Menschen.
Daher hat der Bundestag am 11. Juni 2015 das "Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-VSG) verabschiedet. In diesem Gesetz wird neben der hausärztlichen Grundversorgung und der fachärztlichen Versorgung eine dritte Stufe definiert: die Stufe der spezialisierten Versorgung. Zunächst lief sie unter dem Titel “Ambulanzen für Erwachsene mit geistiger oder mehrfacher Behinderung”, aber inzwischeinzwischen hat sich der Ausdruck “Medizinische Zentren für Erwachsene mit geistiger oder mehrfacher Behinderung” (MZEB) etabliert.
Dort heißt es zunächst im § 43b:
Nichtärztliche Leistungen für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen, versicherte Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen haben Anspruch auf nichtärztliche Leistungen, insbesondere auf psychologische, therapeutische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung durch ein medizinisches Behandlungszentrum nach § 119c erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen. Dies umfasst auch die im Einzelfall erforderliche Koordinierung von Leistungen.
Details regelt dann der § 119c:
Medizinische Behandlungszentren
(1) Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen, die fachlich unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuss zur ambulanten Behandlung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende Versorgung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen sicherzustellen.
(2) Die Behandlung durch medizinische Behandlungszentren ist auf diejenigen Erwachsenen auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Komplexität ihrer Behinderung auf die ambulante Behandlung in diesen Einrichtungen angewiesen sind. Die medizinischen Behandlungszentren sollen dabei mit anderen behandelnden Ärzten, den Einrichtungen und Diensten der Eingliederungshilfe und mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst eng zusammenarbeiten.“
Die Zielgruppen einer MZEB sind Erwachsene mit geistiger oder mehrfacher Behinderung, die bereits seit der Kindheit bestand oder später im Leben erworben wurde, und die in diesem Zusammenhang besonderen Bedarf hinsichtlich der Gesundheitsversorgung haben, oder bei denen eine hinzutretende Erkrankung ein besonderes Setting oder im Hinblick auf die Wechselbeziehungen zwischen Krankheit und vorbestehender Behinderung besonderes Wissen und Kompetenzen erfordert.
Bei diesem Personenkreis können Beeinträchtigungen verschiedener Funktionen auftreten (kognitive Beeinträchtigungen, neuropsychologisch charakterisierbare Störungsbilder, psychische und Verhaltensstörungen, Störungen des autistischen Spektrums, Sinnesbeeinträchtigungen, Beeinträchtigungen der Kommunikation, Beeinträchtigungen der Motorik usw.). Die Beeinträchtigungen treten dabei oft in Kombinationen auf und beeinflussen einander. Insbesondere in ihrer Wechselwirkung mit Krankheitszeichen akuter oder chronischer Erkrankungen bilden sie eine besondere fachliche Herausforderung für die medizinische Versorgung.
Ein MZEB kann allerdings erst dann in Anspruch genommen werden, wenn Haus- oder Facharzt die benötigte Leistung nicht erbringen können: allein die Behinderung ist keine Rechtfertigung, ins MZEB zu gehen. Es müssen schon besondere Gründe vorliegen, etwa:
Die Behandlung in einem MZEB erfolgt deshalb nur auf Überweisung eines Vertragsarztes oder eines vorbehandelnden Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ).
Im Deutschen Ärzteblatt erschienen zum Thema MZEB 2015 zwei Beiträge:
Geistig oder mehrfach behinderte Erwachsene - Bessere Versorgung möglich; V. Mau, A. Grimmer, G. Poppele (Ärzteblatt 2015) sowie
Interview mit Prof. Dr. med. Michael Seidel, ehemaliger Ärztlicher Direktor der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Intensiver Austausch im Team; (Ärzteblatt 2015)
Am 14.12.2015 trafen sich über 100 Vertreter von Rechtsträgern der Gesundheits- und Behindertenhilfe in Kassel, die bereits einen Antrag auf die Zulassung von Medizinischen Zentren für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderung (MZEB) gestellt haben oder dies planen. Die Rechtsträger gründeten die Bundesarbeitsgemeinschaft MZEB (BAG MZEB) mit Sitz in Berlin. Volker Hövelmann, langjähriges CBP-Vorstandsmitglied wurde zum Vorsitzenden der BAG gewählt.
Durch die erfolgreiche Arbeit der Fachverbände ist es nach mehreren Jahren gelungen, eine gesetzliche Grundlage von Medizinischen Zentren in § 119 c SGB V durchzusetzen. Die rechtliche Grundlage erfolgte im Rahmen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, das am 23. Juli 2015 in Kraft getreten ist. Bisher haben etwa 15 Rechtsträger Anträge auf Zulassung gestellt. Die Krankenkassen sind vielfach noch in der Abstimmungsphase. Mehr ...
Bei der Johann-Wilhelm-Klein-Akademie in Würzburg gibt es ein Weiterbildungsangebot für Ärzte, die mit Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung arbeiten.
"Die medizinische Versorgung von Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung ist in Deutschland nach wie vor als unbefriedigend anzusehen, insbesondere bei behinderten Menschen, die das Jugendalter überschritten haben. Auf diesen Mangel haben auch zuletzt immer wieder die Fachverbände der Behindertenhilfe hingewiesen. Die Intelligenzminderung selbst ist natürlich nicht als ein Zustand des Krankhaften anzusehen, sondern vielmehr als eine besondere Form des Menschseins. Diese wiederum stellt aber ihre eigenen, spezifischen Anforderungen an die verschiedenen Disziplinen der Medizin." heißt es auf der Webseite der Akademie.
Mediziner, die mit geistig oder mehrfach Behinderten arbeiten wollen, können sich in der Bundesarbeitsgemeinschaft Ärzte für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung e.V. www.aemgb.de organisieren.
Das LAG-Informationsforum 2014 widmete sich am 29.03.2014 in Stuttgart dem Thema "Gesundheitsversorgung der Menschen mit geistiger Behinderung in Baden-Württemberg".
Im Anhang des Berichts findet sich auch eine Handreichung für Eltern, Angehörige und Betreuer zum Thema „Mit-Aufnahme einer Begleitperson bei stationärer Behandlung eines Erwachsenen mit geistiger Behinderung“.
Bereits 2011 erschien unsere Broschüre “Menschen mit geistiger Behinderung im Krankenhaus - Handreichungen für Eltern, Angehörige und Betreuer und für Ärzte und Pflegepersonal”.
Sieben-Punkte-Plan für eine bessere Gesundheitsversorgung von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung: Fassung 06/2018
Gesundheitspolitische Kommentare 2018-01 und 2019-03 der LAG bieten aktuelle Meldungen aus dem Gesundheitswesen